Bauplanungsrechtliche Einschätzung zur künftigen Abstandregelung für Windkraftanlagen in Bayern

Bauplanungsrechtliche Einschätzung zur künftigen Abstandregelung für Windkraftanlagen in Bayern

Mit dem Kabinettsbeschluss der bayerischen Staatsregierung vom 04. Februar 2014 wird der politische Gestaltungswille bekundet, eine zukünftige Regelung des Bundesgesetztes (BauGB), entsprechend dem Koalitionsvertrag, zügig in Landesrecht umzusetzen. Neue rechtliche Rahmenbedingungen werden damit unmittelbar nicht ausgelöst.

Beschlusslage

Einzig die Stichtagsregelung mit dem 04. Februar 2014 für Genehmigungsanträge stellt eine konkrete Regelungsabsicht dar. Aufgrund der bislang fehlenden Rahmenbedinungen, ist eine Regelung in diesem rechtlichen "Schwebezustand" zumindest als problematisch zu werten.

Weiterhin wird eine Zeitschiene für die Entscheidungen zur Abstandsregelung aufgezeigt, deren Einhaltung allerdings fraglich erscheint. Die Änderung des BauGB stellt einen komplexen Vorgang dar, der in der Regel einen erhöhten Beratungs- und Abstimmungsaufwand auf Bundesebene nach sich zieht. Im Gegensatz etwa zu den bayerischen Verhältnissen im Landtag, ist auf Bundesebene mit einer kontroversen Diskussion sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat zu rechnen.

Es ist daher kaum davon auszugehen, dass der im Kabinettsbeschluss erwähnte Gesetzentwurf zum 09. April 2014 bereits eine neue Rechtsgrundlage im August 2014 darstellen kann. Eine Entscheidung auf Landesebene würde sich somit ebenfalls verzögern.

Inhaltlich wird im Beschluss die Zielsetzung formuliert, dass abweichend von früheren Ansätzen (Abstände bis zum 10-fachen der Bauhöhe) grundsätzlich Mindestabstände 10-facher Bauhöhe zwischen Windkraftanlagen und der nächstgelegenen Wohnbebauung eingehalten werden sollen. Vorgesehen ist jedoch der Bestandsschutz von Altanlagen und die Möglichkeit einer Unterschreitung der Abstände bei "örtlichem Konsens". In welcher Form sich dieser Konses äußert, bleibt allerdings unbeantwortet.

Der Bayerische Gemeindetag hat zu dieser Fragestellung gegenüber der Staatskanzlei bereits seine Forderung nach Wahrung der kommunalen Planungshoheit formuliert.

Rechtliche Auswirkungen auf derzeitige Bauleitplanverfahren zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windkraftnutzung

Für Bauleitplanverfahren zur Ausweisung von Konzentrationszonen löst der Kabinettsbeschluss selbst keine neuen rechtlichen Rahmenbedingungen aus. Die rechtlich fragwürdige Stichtagsregelung betrifft Bauleitplanverfahren nur indirekt über die Genehmigung von Einzelanlagen. Erst wenn eine gesetzliche Regelung auf den Weg gebracht wird, ist mit Konsequenzen auch für die Bauleitplanverfahren zu rechnen.

Viele Aspekte sind dabei noch gänzlich unklar, wie etwa die Betroffenheit bereits laufender Planungen, die Ausgestaltung einer "Ausnahmeregelung" oder "kommunalen Ermächtigung" und auch letztendlich eine realistische Zeitschiene für die Änderung der Baugesetze.

Insbesondere die vorgesehene Möglichkeit zur Unterschreitung der grundsätzlich vorgesehenen Abstände wird aller Voraussicht nach ausschlaggebend für die (Bauleit-) Planung der Kommunen sein. Der Bayerische Gemeindetag (BayGT) etwa fordert als Lösung für die Abweichung von den geforderten Abstandsflächen Sondergebiete nach § 11 BauNVO für die Nutzung der Windenergie1. Diese sollen von den Kommunen planerisch festgelegt werden können, ähnlich der bisherigen Konzentrationszonenplanung.

Eine Prognose über den zukünftigen Rechtsstatus der bisherigen Planungen gestaltet sich derzeit schwierig, ein Transfer bisheriger Planungen in eine Form, die einer möglichen zukünftigen Regelung entspricht, erscheint allerdings sehr wahrscheinlich (siehe auch die Forderungen des BayGT).

Empfehlung zum Umgang mit den politischen Willensbekundigungen

Grundsätzlich dient in Sachen Windenergie die Bauleitplanung zur räumlichen Steuerung. Mit Hilfe des Instrumentes der Konzentrationszonenplanung haben kommunale Entscheidungsträger die Möglichkeit sich mit der Nutzung der Windkraft intensiv auseinander zu setzen.

Das Wesen der Bauleitplanung beinhaltet eine sorgfältige Abwägung der widerstreitenden Belange, in diesem Fall mit der Nutzung der Windenergie. Die Abwägung der verschiedenen Belange ist ausschlaggebend für die strategische Planung und wird auch weiterhin Bestand haben, da die Energiewende grundsätzlich weiter geführt wird.

Vor diesem Hintergrund empfehlen die Stadtplaner und Landschaftsarchitekten von TB|MARKERT (je nachdem was für die Kommunen konkret zutrifft):

  • dringend die bereits begonne Windkraftplanungen zügig weiter zu führen, um die Steuerung der Windkraft nachhaltig in kommunaler Hand zu halten und
  • falls die Kommune Ihre Bauleitplanung noch nicht begonnen hat, diese schnellstmöglichst in Angriff zu nehmen, sodass diese bis Herbst 2014 abgeschlossen werden kann.

Neben den langfristigen Steuerungszielen ist zu berücksichtigen, dass der derzeitige rechtliche Schwebezustand sogar im Einzelfall zu einer verstärkten Aktivität von sogennanten "Investoren" zur Errichtung von Windkraftanlagen führen kann, etwa um Schadensersatzforderungen gegenüber dem Freistaat geltend zu machen.

1 Telefonat mit Herrn Dr. Dirnberger (BayGT)

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